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Sanierungsbooster: NHW startet Pilotprojekt zur industriellen Modernisierung in Rüdesheim

Unternehmensgruppe

Ein renovierungsbedürftiges Nachkriegs-Wohngebäude soll mit industriell vorgefertigten Modulen klimaneutral werden: Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte I Wohnstadt will das gemeinsam mit dem Startup ecoworks erstmals in Hessen umsetzen.

Für das Pilotprojekt wurden drei Bestandsgebäude der Unternehmensgruppe in Rüdesheim ausgewählt. Durch eine Vollmodernisierung sollen sie auf Net-Zero-Standard gebracht werden, also mit Photovoltaikanlagen auf den Dächern durchschnittlich so viel Energie produzieren wie die Bewohner im Jahr für Heizung, Warmwasser und Strom für Haushaltsgeräte benötigen. Die drei Objekte mit insgesamt 28 Wohneinheiten in der Rüdesheimer Adolf-Kolping-Straße und Friedrichstraße stammen aus den 1930er und 1970er Jahren. Es besteht erheblicher Modernisierungsbedarf, auch die haustechnischen Anlagen müssen überarbeitet werden. Der CO2-Ausstoß für den Betrieb der Gebäude liegt zurzeit bei circa 110 Tonnen pro Jahr. Nach der Modernisierung soll sich dieser auf null reduzieren und die Gebäude den KfW-Effizienzhaus 55-Standard erreichen.

Fassadenmodule und Dachelemente werden in der Fabrik vorgefertigt

Im Sommer 2020 wird die Fassadenmodernisierung beginnen. Ziel ist es mit Hilfe von industriell vorgefertigten Modulen die Bauzeit gegenüber konventionellen Modernisierungsverfahren zu verringern. Dazu wurde bereits mit 3-D-Scannern ein digitales Aufmaß genommen. Aus diesen Daten entwickelt die ecoworks GmbH nun maßgeschneiderte Fassadenmodule und Dachelemente, die in der Fabrik für die Rüdesheimer Objekte vorgefertigt werden. In die einzelnen, mehrere Meter langen Bauteile sind Fenster, Mineralfaserdämmung und die notwendigen Einbauten für die Haustechnik bereits integriert. Vor Ort werden sie wie eine zweite Haut an die vorhandene Fassade gesetzt. Gleichzeitig erhalten die Kellerdecken der Häuser eine neue Dämmung. In den Wohnungen werden Flure, Küchen, Bäder inklusive Wand- und Bodenfliesen modernisiert sowie die Elektroleitungen ausgetauscht. Zudem erhalten alle Wohneinheiten Balkone.

Nach der Modernisierung versorgt eine zentrale Heizanlage mit Wärmepumpe alle drei Gebäude mit Wärme und heißem Wasser. Jedes Gebäude erhält eine Photovoltaikanlage sowie einen Stromspeicher, dies ermöglicht eine vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien. Die gesamte Anlagentechnik ist in einem gesonderten Energiemodul außerhalb der Häuser untergebracht. Das Berliner Startup ecoworks errichtet die Energie- und Photovoltaikanlagen und betreibt diese danach für 15 Jahre – inklusive Wartung und Instandhaltung der Anlagen. Insgesamt entstehen bei der Modernisierung der drei Objekte Kosten in Höhe von circa 2,9 Millionen Euro. Das aus hubitation, dem Startup-Accelerator der NHW, entstandene Projekt wird jetzt in Zusammenarbeit zwischen ecoworks und der Modernisierungsabteilung der NHW durchgeführt.

Minister lobt innovatives Verfahren

Tarek Al-Wazir, NHW-Aufsichtsratsvorsitzender und hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, begrüßt den Start des Pilotprojekts: "Auf dem Weg zur Klimaneutralität brauchen wir innovative Methoden, die schnell und seriell umgesetzt werden können. Mit dem Projekt in Rüdesheim sind wir auf dem richtigen Weg." Auch NHW-Geschäftsführerin Monika Fontaine-Kretschmer sieht ein großes Zukunftspotential: "Der Erfolg der Energiewende wird im Gebäudebestand entschieden. Unseren eigenen Wohnungsbestand bis 2050 klimaneutral zu entwickeln ist Teil unserer Klimastrategie, zu der wir uns auch gegenüber dem Land Hessen verpflichtet haben. Die Net-Zero-Modernisierung ist daher für uns ein wesentlicher Baustein zur Erreichung der Klimaschutzziele." Fontaine-Kretschmer bezeichnete das Projekt als wegweisend für ihr Unternehmen: "In Rüdesheim leiten wir die industrielle Modernisierung in unserem Unternehmen ein und halten Wort beim Energiesprong Volume Deal."

Absichtserklärung der Wohnungswirtschaft

Der Energiesprong Volume Deal wurde im November 2019 beim Energiewende-Kongress der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) in Berlin bekanntgegeben. Er beinhaltet eine gemeinsame Absichtserklärung von Wohnungswirtschaft und Bauwirtschaft zur Marktentwicklung serieller Sanierungslösungen in Deutschland. Darin bündeln 22 Wohnungsunternehmen ihre Nachfrage und stellen 11.635 Wohnungen bereit, die in den nächsten vier Jahren seriell saniert werden sollen. Die NHW hat sich mit anderen Wohnungsbauunternehmen bereiterklärt, bis März 2020 intensiv an der Entwicklung wirtschaftlich attraktiver und skalierbarer Komplettlösungen zu arbeiten.

Hinter dem Begriff "Energiesprong" steckt ein neuartiges und innovatives Sanierungsprinzip, das in den Niederlanden entwickelt wurde. Ziel ist eine warmmietenneutrale Sanierung mit Net-Zero-Standard, nach der Gebäude über das Jahr so viel Energie für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom erzeugen, wie die Mieter benötigen. Und das, ohne diese mit langen Bauzeiten zu belasten. Dazu setzt das Energiesprong-Prinzip auf hochwertige, standardisierte Lösungen mit vorgefertigten Elementen und einer langjährigen Betriebsdauer. In Deutschland wird Energiesprong von der dena koordiniert, finanziert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und unterstützt vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Die Umsetzung der ersten Piloten in Deutschland wird zudem über das EU-Programm Interreg NWE "Mustbe0" gefördert.

 

Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) mit Sitz in Frankfurt am Main und Kassel bietet seit knapp 100 Jahren umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, Bauen und Entwickeln. Sie beschäftigt rund 730 Mitarbeitende. Mit rund 59.000 Mietwohnungen in 140 Städten und Gemeinden in Hessen gehört sie zu den zehn führenden deutschen Wohnungsunternehmen. Unter der NHW-Marke ProjektStadt werden Kompetenzfelder gebündelt, um nachhaltige Stadtentwicklungsaufgaben durchzuführen. Die Unternehmensgruppe arbeitet daran, ihren Wohnungsbestand in den nächsten Jahren auf 75.000 Wohnungen zu erhöhen und bis 2050 klimaneutral zu entwickeln. Um dem Klimaschutz in der Wohnungswirtschaft mehr Schlagkraft zu verleihen hat sie gemeinsam mit Partnern das Kommunikations- und Umsetzungsnetzwerk „Initiative Wohnen 2050“ gegründet. Mit hubitation verfügt die Unternehmensgruppe zudem über ein Startup- und Ideennetzwerk rund um innovatives Wohnen. www.naheimst.de